Barbara Uthmann und ihre Zeit
von Reinhart Unger
Anhang 1
Acta 

In sachen

Ob die Schottländer alhier vff St. Annabergk zu Bürgern aufgenommen werden sollen oder nicht
Aufschrift: Porttenhendlerin. Die Bürgerin Biettenn die Schottenn alhier nichtt einzunehmen
Erbare Wolweise großgünstige Herrn Bürgermeister vnd Rath, E. E. W. seind vnser schultig gehorsam mit gebürlicher vnderthenigkeit demütigs fleis beuor.

Es wird großgünstigen Herrn vil vnd oft gefraget, waser vrsachen doch der gemeine Mann so gar verarme vnd das Volck ihe Ermer werde. Welche frag E. E. R. auch an vns gelangen lasen, aus waser vrsachen doch der Borttenhandel in diser Stad so ganz vnd gar in abfal gerate, auf welche frag wir zuantwortten vns schultig erkennen vnd bitten derwegen in demut disen vnsern warhafftigen bericht, den wir wol zuerweisen haben vnd alzu war ist, günstigen guten glauben zugeben. Vnd ist erstlich an dem vnd alzu war das diser Borttenhandel so ganz vnd gar verderbett das wenig dauon diser zeit noch vbrig.

Denn daß sollen E. E. R. eigentlichen vnd warhafftig berichtt sein, das die Erbare Frau Vtmanin allein in neunhundert Personen Borttenwirckerin gefürddert. Volgend hat es ymer abgenommen biß es lezlich auf 8, 7, 5, 4 vnd drey hundert vnd noch weniger worden, biß es entlichen dohin gedien, das sie gar dauon ablasen musen. Welches solchen armen personen die also gefürddertt worden sind, gar ein groser vnd vnuerwindlicher nachtheil worden ist.

Zum andern die Paul ihenischin die solchen Borttenhandel in zwenzigk Jhar getriben, vnd in die 600 Personen Borttenwirckerin vnd klipplerin gefürddert die dieser zeitt vber 15 Personen nicht hat zufürddern. 

Zum dritten die Johann widmannin die auch etwo vil ihar in die 500 Personen gefürddertt die izt kaum zehen fürddern kan.

Zum virden die Jörg Gerberin so bißher in 300 Personen gefürddertt, die dieser zeitt fast alle ablegen müsen, vnd ihr gar wenig hat zufürddern.

Zum fünfftten Nicol Kolreutterin die gemeyniglich in 200 Personen gefürddert, welches nun fast auch gar abgenommen, vnd wenig mehr gefürddertt worden. 

Deßgleichen Jacob Schumanin, auch noch ander mehr, die ein yede vil armer Leute gefürddert haben, die nun meisten theil abgelegett seind worden. So man nun die summa aller abgelegten Personen soltte zusammen summiren, würde es ein schreckliche summa armer Leutte machen, die nicht mehr können gefürddertt werden, dagegen würde es gar eine grose summa vnd wol so vil ader vil mehr Personen machen, die etwa noch vor wenig Jare durch solchen handel sind gefürddertt worden alß ettwan durch das Berckwerck möchten gefürddertt worden sein. So dann nun das Berckwerck ezlich Jahr so ganz vnd gar abgenommen, das wenig personen dadurch können gefürddertt werden, vnd ihr vil deßhalb Weib vnd Kind verlasen, wandern vnd sich auf andere Berckstet, do sie anders dieselben auch bekommen können, begeben müsen. Zu dem auch die Theuerunge mit eingerissen vnd auch kein Ende noch aufhören sein will, vnd zum dritten auch diser Borttenhandel so ganz vnd gar gefallen das also weder Mannes noch Weibes Personen mehr fürddernis haben, vnd also die gemeine Stadt voll voll armer Leutte worden, vnd derselben teglich mehr werden.

So ist nun dise frag nich vnbillich was doch dj vrsache sey, so wöllen wir nun souil den borttenhandel betreffen solch e vrsachen anzeigen vnd ihm dorauff E. E. W. glaubwirdig berichtten, das solche vrsach ym grund niemand anderst dann den einkommenden Schotten die alhir sogar eingewurzeltt, vnd sich noch teglich einflechten, sambt den Bortten Läten.

Dann souil die Schotten anlangett, so kauffen sie Erstlichen alle bortten auf die ihnen zugetragen werden vnd diselbigen nehmen dann vmb halb gelt, doran die borttenlaten, Hendler vnd haussirer schuldigk sind, wie wir hernach wöllen anzeigen, das wir also vnser Wahr nicht können vertreiben, vnd dadurch ablegen müsen die zuuor gefürddertt worden sind. 

Item so nemen sie auch alles verbotten gelt, vnd gilt ihnen eben gleich, es sey gute ader böse münze, dann sie wissen solche falsche münz an andern ortten vnd in anderem wege anzuwenden, das sie daran keinen verlust tragen dürffen.

Zum dritten will es auch bey denen Schotten die sich mit heußlichem wesen als Bürger vnd Haußgenossen nicht beruhen, sondern alle ander Schotten die sich alhie in die Gasthoeffe einlog zihen sie zu sich in ihr heuser vnd wohnung, aldo aufzukauffen halb vmb geltt, halb vmb sonst, was ihnen nur wird zugetragen.

Vnd ob es wol auch an dem das ezlich Schotten die doch wenig sein, als Carl lun vnd ezlich andere sein mügen, die aufrichttiges Gemüts, vnd gemeiner armer Leuthe schaden vnd nochtheil nicht begern, so sind doch der andern desto mehr, vnd werden ihr teglich mehr, die allein ihren eignen Nuz vnd den selben alzu sehr suchen, vnd nicht darnach fragen es verderbe dorüber wer do wölle, wann nur ihr beuttel gefüllett wird.

An dem allen aber sind die Tendel Läten vnd Hendler fast Principalis Causa vnd vornembste vrsachen, dann wann dise nicht weren, vnd den Schotten also allenthalben mit ihrem haussiren nochliffen, müsten es die Schotten auch wol pleiben lasen, vnd ihre hendell in andere wege anstellen. Vnd das wir von den Bortten Läten vnd Hendlern weitterberichtten, so ist es an dem vnd auch war, das sie alle gestolen wahr von Bortten vnd Seiden so vns entfrembdt vnd abgetragen wird auffkauffen, dasselbe wolfeyl bekommen, vnd solche gattung wider, nehner dann vmb halb gelt geben können. Welches wir zuthun nicht vermügen, vnd werden solche Bortten vnd Tendel Läten von tag zu tag mehr, vnd vil iunger Megde die wol dinen kündten sich solcher Tendeley vnterstan, das also der abfahl dises Borttenhandels aus den zweyen vrsachen vornemlichen vnd allermeist hutt herflissen, das die Bortten Läten, Tendlerey vnd haussirer dann auch die Schotten in diser Stadt so ganz vnd gar vberhand genommen, das wo es lenger also bleiben soltte, were es vnmüglichen disen handel zuerhaltten. Wir musten ihn ganz vnd gar fallen lasen dessen nicht allein souil armer Leuthe die keine fürddernis mehr haben musten auch mit vnserm grosen schaden dauon ablasen.

Domitt nun solchem allen, nicht allein vns Vorlegern sondern auch vilmehr souil armen Leutten, Bürgern vnd Einwohnern diser Stadt, wo nicht genzlich doch zum theil möcht geholffen werden.

So bitten wir erstlich E. E. W. zum allerfleissigsten als wir können vnd mügen zubitten, Erstlich abzuschaffen alle vnd iede Bortten Läten semptlich vnd sonderlich, vnd welche vnter denen disen handel treiben wollen das sie dessen vnd also der kauffleutte in den ihren heusern abwartten, wie wir bißher gethan vnd noch thun.

Zum andern das bey einer namhafftigen geltstraff gebotten werde, das die Personen so Läten haben die Schotten in ihre heuser ab vnd zuzufüren nicht macht haben sondern des glücks gleich vns gewerttig sein sollen. Item es keinem Jungen noch megdlein auch weder Weibes noch Mannes Personen erlaubet soll sein. Deßgleichen befindet sich das auch andere Kramer mit bortten handeln sonderlich Caspar meihner, welcher einen Laten gegen Hironimusen Jursche? Gasthofe führet in welchem Gasthofe die schotten allermeist mithauffen aus vnd eingehen, das solches disem kramer auch erbethen werde, dann wie solches gelegen soltte, vnd di kramer sich in vnsern handel soltten schlahen, würde der lezte ... dann der erste, denn wir sind nicht kramer, haben auch keine andere kramwahr, sondern haben vnsern handel allein mit Bortten. So ist es nun nicht vnbillich das die kramer ihre kramerei pflegen wie sie verlanget gethan, vnd sich mittelst in alle handel schlahen damit einer mit dem andern verderbe, sondern ein igklicher seines berufs ordentlicher weise ... vnd also ordnung gehaltten werde. Bitten derhalben zum fleissigsten das solches bey Caspar meihnern abgeschafftt vnd auch sonst keinem kramer gestattet werde.

Zum dritten do sich solche Tendlerin vnd haussirerin woltten beclagen sie köntten ihre Wahr von einem Marcktt zum andern aus vnuormügen nicht erhaltten so sind wir erbötig ihnen diselbe zu ieder zeitt mit barem gelte zubezalen.

Zum virden weil dj Schotten alhie sich so heuffig einlasen, die doch der meiste theil der armen Gemeyn wie gemeld nachteilig sind, so bitten wir zum fleissigsten, ein Erbarer Wolweiser Rath woltten hinfürder keinen Schotten weder zur Bürgerschafftt noch zur Mite einkommen lasen, er werde dann mit besonderen Gesezen vnd Eydes Pflichten, auch bey einer namhafftigen geltstraff dazu vereydett vnd verpflichtt, das er sich aller angezeigter puncten, domitt wir altte Bürger vnd Einwohner bißher ein zeitlang von ihnen beschwert worden sind, genzlich enthaltten. Und do ihr einer ader mehr dorüber befunden, das er solchen nachtheil einem Erbarn Wolweisen Rath vnd gemeinem ... ader Nuz geduppeltt ... verbüssen, domit also eigener nuze verhüttet, vnd gemeiner nuze doch ezlicher masen souil müglichen möchte befürddert werden.

Dagegen sind wir erbötig auf vnsern selbsteignen kosten einen ader mehr souil vns vonnöten sein wöllen, dorauff zu haltten das auf solche Bortten Läten, Tendlerey, Haussirerey vnd dergleichen gute achtung geben sol, domit ob solchen eines Erbarn Raths Beuelh vnd mandat fleissiger möchte gehaltten werden.

Dessen allen vnd yden besondern wöllen sich ein Erbarer Wolweiser Rath günstig erzeigen, ob disem vnserm langen anzeigen keinen verdriß haben, sondern solch vnser demütig suchen günstig bedencken, vnd vns mit vnserm anwalden brifsweisen Heinrichen Schullern mit guter günstiger antwort beanthwortten. Das wöllen vmb wolgedachtt E. E. W. vnd all derselben Gelibtten wir sembtlich vnd sonderlich alles gebürlichen gehorsams vns thun verhaltten.

E. E. W. gehorsame vnderthannen
 
Die frawen   1 Zehendtnerin Hanß Vnwirdin
  2 Bürgermeisterin Fabian Wolffin 

  3 Johann Widmannin

  5 Nicol Kolreutterin

  4 Johann Koitterin

  6 Paul Jhenischin

  7 Valten Feudlin

  8 Hans Haußleutterin

  9 Samuel Heundlin

 12 Jörg Gerberin

 13 Anthonius Weckin

 10 Jacob Schreitterin

 11 Jacob Schumanin

 18 Lorenz Melzerin

 16 Balthasar Giftlin

 17 (gestrichen)

 14 Steffan Pürstenbinderin

 15 Jörg Goltschmidin sambt andern ihren mitgenossen

Ob sich auch günstigen herrn die Haussirer ab solchem vnsern suchen beschweren, vnd sagen woltten, es were ihre narunge die man ihnen nicht soltte verbitten, dorauff anwortten wir das solch ihr haussiren vilmehr ihr schaden dann ihr nuze ist, welches sich teglich in dem erweiset das sie ihe mehr vnd mer in schulden geraten, dodurch dann oberkeitt vnd dj Berichtte zu schicken vnd zu schaffen haben. Vnd weil sie dann mit solchem haussiren nicht allein vns vnd souil armen Leuten neben vns, die nicht gefürddertt werden können, sondern auch ihnen selbst selber den größten schaden thun, so bitten wir das ihnen solch haussirn bey einer straff verbothen werde.

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Vorwort
(Peter Rochhaus)
Barbara Uthmann und ihre Zeit
(Reinhart Unger)
Quellenangabe
Anhang 1
Beschwerde Annaberger Bürgerinnen (Transkription: Reinhart Unger)
Anhang 2
Die Uthmann-Legende und die Zeit ihrer Entstehung (Hermann Lange)
Anhang 3
Das "Bild der Barbara Uthmann" und ihre angebliche Handschrift (Hermann Lange)
Anmerkung
(Annegret Münch)

 Reinhart Unger
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