Vor und nach dem ersten Weltkriege
vertrieb man hier eine Ansichtskarte mit dem Bilde einer alten Klöpplerin,
aber mit der Unterschrift „Barbara Uttmann“. Das Bild war die Reproduktion
einer Stiftzeichnung, wie die einzelnen Striche erkennen ließen.
Was hat man aber aus ihm in den verschiedenen Veröffentlichungen
gemacht!
So wird in einem Artikel des
_Daheim“ (Jahrgang 1928 Nr. 43 5. 18) die Stiftzeichnung zu einem
Elfenbeingemälde im „Grünen Gewölbe“ zu Dresden.
S. 104 des Prachtwerkes über die St. Annenkirche identifiziert
(1908) Sup. Oswald Schmidt zwar die Gestalt auch nur als Klöpplerin
schlechthin. Er setzt die Figur aber in der Bildunterschrift ebenfalls
nach Dresden, während im Text richtig die Elfenbeinschnitzerei
zitiert wird. Schmidt photographierte die Zeichnung, und der Hofphotograph
Meiche stellte einen vergrößerten Abzug her, der vor
dem 1. Weltkrieg lange Zeit im Schaufenster einer hiesigen Buchhandlung
auslag.
Ueber die Entstehung des Bildes
gibt uns der Jahrgang 1868 des Annaberger Wochenblattes Auskunft.
Dort erscheint am 18. September eine Veröffentlichung von Dr.
Spieß, damals Pfarrer in Pirna. Sie erzählt von der Auffindung
der Elfenbeinfigur und schließt mit den Worten: „So wäre
also ein Portrait (!!) der Barbara geschaffen.“
Zunächst haben spätere
Untersuchungen festgestellt, daß es sich bei der Schnitzerei
um eine Arbeit aus der Zeit Augusts des Starken handelt.
Nr. 261 desselben Jahrganges
finden wir am 10. November eine weitere Nachricht. Dort lesen wir:
„In neuerer Zeit ist es nun den fortgesetzten Bemühungen des
Herrn Kfm. Ritter p.p. Carl Chr. Hohl unter Mithülfe bewährter
Altertumsfreunde gelungen, in dem Grünen Gewölbe zu Dresden
eine Elfenbein-Schnitzerei vorzufinden, welche Barbara Uttmann am
Klöppelkissen sitzend darstellt. Herr Hohl hat nach diesem
Modell eine künstlerisch höchst gelungene Zeichnung durch
den anerkannten tüchtigen Historienmaler Sachse in Dresden
anfertigen lassen ... Wie wir hören, werden in nächster
Zeit photographische Abbildungen von dem Portrait - dem einzigen
jetzt vorhandenen - zu haben sein.
Eine solche Photographie sah
der Unterzeichnete in Dresden bei einer Familie Uthemann, die B.
U. als ihre Vorfahre ansah, obgleich ihr ein Nachweis der Abstammung
unmöglich war.
Zuletzt war das Originalbild
im Besitz der Wwe. Lägel (wohnhaft im Lipferthaus am Markt).
Nach ihrem Tode ist es der Stadtverwaltung angeboten worden, die
es - angeblich für 65 RM - erwarb. Das war um 1934. Der Buchdrucker
und Zeichner Wittig-Friesen (Kleine Kirchgasse) lithographierte
das Bild und versah es außerdem mit der irrigen Unterschrift
(angeblich Barbaras Handschrift !). So
wurde die Reproduktion den Schulen des Bezirkes angeboten. Wir besitzen
aber keine Unterschrift von Barbaras Hand. Die in den Stadtakten
auftretenden „Unterschriften“ sind keine solchen, sondern stammen
alle von dem kopierenden Schreiber.
Fast alle älteren Tatsachen
hat Emil Finck bereits 1886 untersucht und veröffentlicht;
aber seine Nachrichten sind vergessen worden.
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