Es ist schon viel über
Barbara Uthmann gesagt und geschrieben worden, viel Sinniges, aber
auch viel Unsinniges. Daß Leben und Werk der Barbara Uthmann
noch immer von Legenden umwoben und von Irrtümern begleitet sind,
macht es neuen Erkenntnissen und Einsichten schwer, sich durchzusetzen.
Nun erschien im Heft 4 der Zeitschrift "Familie und Geschichte", die
vom Adam-Ries-Bund initiiert wird, ein Beitrag unter dem Titel "Barbara
Uthmann und ihre Zeit" aus der Feder von Reinhart Unger. Das, was
in diesem bemerkenswerten Aufsatz zu lesen ist, dürfte manchem
Uthmann-Verehrer kaum schmecken.
Zunächst einmal führt
Reinhart Unger stichhaltige Indizien dafür an, daß Barbara
Uthmann tatsächlich in Annaberg geboren wurde. Zu diesen Indizien
zählen nach seiner Meinung die Übersiedlung und der Hausbau
(Klosterstraße 7) in Annaberg durch ihren Großvater
Johann von Elterlein um das Jahr 1499. Aber auch sein Wirken als
Schichtmeister und Richter von Annaberg spricht nach Ansicht von
Reinhart Unger dafür. Heinrich, eines seiner drei Kinder und
Vater von Barbara, lebte zu diesem Zeitpunkt bereits, denn er wurde
um 1485 geboren. Es gibt darüber hinaus keine Gründe,
warum Heinrich von Elterlein im Mannesalter Annaberg verlassen haben
sollte, um wieder in Elterlein seßhaft zu werden. Schon 1511
erwirbt er bedeutenden Grundbesitz vor den Toren von Annaberg, bevor
ihn Herzog Georg von Sachsen 1526 in das lukrative Amt des Zehntners
bestellt. Barbara, seine Tochter, die um das Jahr 1514 in Annaberg
geboren wurde, beschreitet nach dem frühen Tod ihres Ehemannes
Christoph Uthmann im Jahre 1533 einen für eine Frau in damaliger
Zeit ungewöhnlichen Lebensweg.
Reinhart Unger skizziert aufgrund
umfangreichen Quellenstudiums, was übrigens manch anderen "Regionalforschern"
noch immer abgeht, das Engagement und die Vorgehensweise von Barbara
Uthmann, um die von ihrem Mann ererbten Güter und Unternehmungen
nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch mit Geschick und Gewinn
weiterzuführen sowie Neues hinzuzufügen. Als Beispiel
nennt Unger Barbara Uthmanns erfolgreiche Bemühungen um die
Saigerhütte in Grünthal bei Olbemhau.
Als einen weiteren Schwerpunkt
für seinen Aufsatz wählt er die Vorgänge um das Aufkommen
der Bortenherstellung und des Spitzenklöppelns im Erzgebirge.
Sehr akribisch untersucht Reinhart Unger die Rolle der Barbara Uthmann
dabei. Für seine Uberlegungen zieht er zwei Dokumente heran:
Das sind ein Brief der Kurfürstin Anna über eine Borten-Bestellung
an die Uthmannin vom 9. Oktober 1560 und das von 17 Annaberger Bortenhändlerinnen
abgegebene Gutachten vom Oktober 1571. Nach Ansicht des Autors bestätigt
das Gutachten vor allem, daß nicht erst um das Jahr 1561,
wie Jenisius berichtet, Borten in Annaberg hergestellt wurden, sondern
schon 20 Jahre früher. Außerdem trenne das Gutachten
von 1571 zwischen Bortenwirkerinnen und Klipplerinnen. Ebenso unterschied
man, so Unger, damals bereits zwischen Wirklade und Klöppelkissen.
Das erwähnte Gutachten enthält auch eine Stelle über
Barbara Uthmann, die ihre Beziehungen zum Bortenhandel in einem
neuen Licht erscheinen lassen. Unger zitiert sie auf Seite 354 von
Heft 4/96 von "Familie und Geschichte". Aus diesem Zitat geht hervor,
daß Barbara Uthmann Bortenwirkerinnen und keine Klöpplerinnen
beschäftigt hat und mit den von ihnen hergestellten Produkten
- gewirkten Borten - Handel trieb. Andererseits wird von Margarethe,
des Paul Jenisch' Frau, gesagt, daß sie "Bortenwirkerin und
Klipplerin gefurddert", also beschäftigt habe. Chronist Paul
Jenisius, mit Barbara Uthmann verwandt, setzt sie ebenso wenig mit
dem Spitzenklöppeln in Beziehung wie spätere Chronisten.
Der Scheibenberger Pastor Christian Lehmann oder der Schneeberger
Christian Melzer etwa drücken sich sehr vorsichtig aus, wenn
es um die Uthmann geht.
Reinhart Unger resümiert
folgerichtig: "Wenn heute noch an der bekannten Ansicht über
Barbara Uthmann festgehalten, ja diese durch Publikationen in den
Schulen und bei Führungen in Museen immer weiter verbreitet
wird, so beruht dies nicht etwa auf der Erschließung neuer,
untrüglicher Quellen, sondern hat seinen Grund darin, daß
immer wieder Menschen die Behauptung, die Uthmann habe das Klöppeln
eingeführt oder gar erfunden, aufstellten, und diese nahmen
ruhig hin und gaben es für gewissenste Wahrheit aus, was früher
wenige als Möglichkeit hinstellten."
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