Barbara Uthmann und ihre Zeit
von Reinhart Unger
Vorwort
Eine Legende beginnt zu bröckeln
Von Peter Rochhaus
Es ist schon viel über Barbara Uthmann gesagt und geschrieben worden, viel Sinniges, aber auch viel Unsinniges. Daß Leben und Werk der Barbara Uthmann noch immer von Legenden umwoben und von Irrtümern begleitet sind, macht es neuen Erkenntnissen und Einsichten schwer, sich durchzusetzen. Nun erschien im Heft 4 der Zeitschrift "Familie und Geschichte", die vom Adam-Ries-Bund initiiert wird, ein Beitrag unter dem Titel "Barbara Uthmann und ihre Zeit" aus der Feder von Reinhart Unger. Das, was in diesem bemerkenswerten Aufsatz zu lesen ist, dürfte manchem Uthmann-Verehrer kaum schmecken.

Zunächst einmal führt Reinhart Unger stichhaltige Indizien dafür an, daß Barbara Uthmann tatsächlich in Annaberg geboren wurde. Zu diesen Indizien zählen nach seiner Meinung die Übersiedlung und der Hausbau (Klosterstraße 7) in Annaberg durch ihren Großvater Johann von Elterlein um das Jahr 1499. Aber auch sein Wirken als Schichtmeister und Richter von Annaberg spricht nach Ansicht von Reinhart Unger dafür. Heinrich, eines seiner drei Kinder und Vater von Barbara, lebte zu diesem Zeitpunkt bereits, denn er wurde um 1485 geboren. Es gibt darüber hinaus keine Gründe, warum Heinrich von Elterlein im Mannesalter Annaberg verlassen haben sollte, um wieder in Elterlein seßhaft zu werden. Schon 1511 erwirbt er bedeutenden Grundbesitz vor den Toren von Annaberg, bevor ihn Herzog Georg von Sachsen 1526 in das lukrative Amt des Zehntners bestellt. Barbara, seine Tochter, die um das Jahr 1514 in Annaberg geboren wurde, beschreitet nach dem frühen Tod ihres Ehemannes Christoph Uthmann im Jahre 1533 einen für eine Frau in damaliger Zeit ungewöhnlichen Lebensweg.

Reinhart Unger skizziert aufgrund umfangreichen Quellenstudiums, was übrigens manch anderen "Regionalforschern" noch immer abgeht, das Engagement und die Vorgehensweise von Barbara Uthmann, um die von ihrem Mann ererbten Güter und Unternehmungen nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern auch mit Geschick und Gewinn weiterzuführen sowie Neues hinzuzufügen. Als Beispiel nennt Unger Barbara Uthmanns erfolgreiche Bemühungen um die Saigerhütte in Grünthal bei Olbemhau.

Als einen weiteren Schwerpunkt für seinen Aufsatz wählt er die Vorgänge um das Aufkommen der Bortenherstellung und des Spitzenklöppelns im Erzgebirge. Sehr akribisch untersucht Reinhart Unger die Rolle der Barbara Uthmann dabei. Für seine Uberlegungen zieht er zwei Dokumente heran: Das sind ein Brief der Kurfürstin Anna über eine Borten-Bestellung an die Uthmannin vom 9. Oktober 1560 und das von 17 Annaberger Bortenhändlerinnen abgegebene Gutachten vom Oktober 1571. Nach Ansicht des Autors bestätigt das Gutachten vor allem, daß nicht erst um das Jahr 1561, wie Jenisius berichtet, Borten in Annaberg hergestellt wurden, sondern schon 20 Jahre früher. Außerdem trenne das Gutachten von 1571 zwischen Bortenwirkerinnen und Klipplerinnen. Ebenso unterschied man, so Unger, damals bereits zwischen Wirklade und Klöppelkissen. Das erwähnte Gutachten enthält auch eine Stelle über Barbara Uthmann, die ihre Beziehungen zum Bortenhandel in einem neuen Licht erscheinen lassen. Unger zitiert sie auf Seite 354 von Heft 4/96 von "Familie und Geschichte". Aus diesem Zitat geht hervor, daß Barbara Uthmann Bortenwirkerinnen und keine Klöpplerinnen beschäftigt hat und mit den von ihnen hergestellten Produkten - gewirkten Borten - Handel trieb. Andererseits wird von Margarethe, des Paul Jenisch' Frau, gesagt, daß sie "Bortenwirkerin und Klipplerin gefurddert", also beschäftigt habe. Chronist Paul Jenisius, mit Barbara Uthmann verwandt, setzt sie ebenso wenig mit dem Spitzenklöppeln in Beziehung wie spätere Chronisten. Der Scheibenberger Pastor Christian Lehmann oder der Schneeberger Christian Melzer etwa drücken sich sehr vorsichtig aus, wenn es um die Uthmann geht.

Reinhart Unger resümiert folgerichtig: "Wenn heute noch an der bekannten Ansicht über Barbara Uthmann festgehalten, ja diese durch Publikationen in den Schulen und bei Führungen in Museen immer weiter verbreitet wird, so beruht dies nicht etwa auf der Erschließung neuer, untrüglicher Quellen, sondern hat seinen Grund darin, daß immer wieder Menschen die Behauptung, die Uthmann habe das Klöppeln eingeführt oder gar erfunden, aufstellten, und diese nahmen ruhig hin und gaben es für gewissenste Wahrheit aus, was früher wenige als Möglichkeit hinstellten."

 
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Vorwort
(Peter Rochhaus)
Barbara Uthmann und ihre Zeit
(Reinhart Unger)
Quellenangabe
Anhang 1
Beschwerde Annaberger Bürgerinnen (Transkription: Reinhart Unger)
Anhang 2
Die Uthmann-Legende und die Zeit ihrer Entstehung (Hermann Lange)
Anhang 3
Das "Bild der Barbara Uthmann" und ihre angebliche Handschrift (Hermann Lange)
Anmerkung
(Annegret Münch)

 Reinhart Unger
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